Die Sozial-Lotterie kennen viele aus ZDF-Fernseh-Shows. Ihre Geschichte ist auch ein Spiegelbild der Behindertenrechts-Bewegung
/ Von Walter Ott
Im Oktober 2024 feierte die „Aktion Mensch“ ihr 60. Jubiläum. 1964 war sie als „Aktion Sorgenkind“ gestartet und hat seither 5,4 Milliarden Euro an soziale Projekte vergeben – ehemals vorwiegend im Behindertenbereich, heute auch an Kinder- und Jugend-Projekte.
Auch der CeBeeF Frankfurt profitierte von den Lotterie-Einnahmen der größten privaten Förderorganisation im sozialen Bereich, z.B. beim barrierefreien Umbau der Übergangswohnung oder beim Umbau der Begegnungsstätte im Großen Saal in der Elbinger Straße 2 in Frankfurt-Hausen.
Die „Aktion Mensch“ wurde vom ZDF-Journalisten Hans Mohl und den 6 Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege (Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie, Paritätischer Gesamtverband und Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland) aufgrund des „Contergan-Skandals“ gegründet. Durch die Einnahme des „Schlaf- und Beruhigungsmittels Contergan“ der Fa. Grünenthal durch Schwangere, kam es Ende der 50er bis Anfang der 60er Jahre zu Fehlbildungen bei ca. 5000 bis 10 000 Neugeborenen und einer unbekannten Zahl von Todgeburten.
Neben der Idee, mit einer Lotterie in ZDF-Fernsehshows Geld für Behinderten-Projekte zu sammeln, verband sich auch der Anspruch, Menschen mit Behinderung zu mehr Sichtbarkeit in der Gesellschaft zu verhelfen. Die ZDF-Sendung „Vergissmeinnicht“ wurde so am 9.10.1964 zur „Geburtsstunde“ der damals noch sogenannten „Aktion Sorgenkind“.
Die „Krüppelbewegung“ als Selbstvertretung behinderter Menschen
Das Jahr 1981, als von der UN ausgerufenem „Internationalen Jahr der Behinderten“ markiert einen Wendepunkt durch das Aufkommen der sich selbst so bezeichnenden „Krüppelbewegung“. Jetzt meldeten sich behinderte Menschen selbstbewusst zu Wort und schilderten Diskriminierungs-Erfahrungen öffentlich. In diesem Zusammenhang wurde auch die Soziallotterie „Aktion Sorgenkind“ als diskriminierend gebrandmarkt, da sie die problemorientierte Sicht auf Behinderung, die den Angehörigen und Helfenden „Sorgen bereiten“ im Namen führte.
Im Jahr 1995 kam es, nach einem langen Umdenkprozess, schließlich zur Kampagne „Ich will kein Mitleid. Ich will Respekt.“, um deutlich zu machen, dass den Betroffenen und Aktivist*innen „auf Augenhöhe“ begegnet werden muss, wenn sie das Recht auf „gleichberechtigte Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen“ fordern. Es dauerte allerdings noch bis ins Jahr 2000, dass die Umbenennung in „Aktion Mensch“ erfolgte.
Obwohl 2009 die Bundesrepublik Deutschland die UN-Behindertenrechts-Konvention als völkerrechtlich verbindlich ratifizierte, die ein „Recht auf gleichberechtigte Teilhabe in allen Lebensbereichen“ festschreibt, bemängelt die „Aktion Mensch“ zu ihrem Jubliäum, dass „immer noch zuviele Unternehmen trotz des Fachkräftemangels die Potenziale von Arbeitnehmer*innen mit Behinderung (übersehen) oder (es) auf dem Wohnungsmarkt erheblich an barrierefreien Wohnungen (mangelt).
Wir vom CeBeeF wünschen der „Aktion Mensch“ weiter viel Erfolg für ihre Lotterie zugunsten inklusiver Projekte und der wichtigen gesellschafts-politischen Arbeit.
Denn von Anfang an ist sie ein großer Gewinn für uns alle!
Mehr Infos unter: www.aktion-mensch.de